Keine Erinnerung geht verloren, jede Sekunde ist in uns abgespeichert, jede Erfahrung als kleiner, bunter Mosaikstein. Unser innerer Schatz besteht aus tausenden solchen Steinchen, die zusammen unsere Lebensgeschichte, das Bild unseres Lebens, ergeben. Unterschiedlich in Größe, Farbe oder Beschaffenheit – aber alle gleichwertige Teilchen eines großen Ganzen, das uns zu dem macht, was wir im Jetzt sind. Würde auch nur eins fehlen, wären wir ein anderer Mensch.
Wenn wir auf unser Leben blicken, ist es, als würden wir durch ein Kaleidoskop schauen: Die farbenfrohen, aber auch trüben oder schwarzen Steinchen fügen sich zu einem stimmigen Bild, ja wunderschönen Kunstwerk zusammen. Und doch ist es eine Momentaufnahme. Eine kleine Wendung, eine sachte Bewegung bringt die Steinchen ins Rollen. Sie fügen sich nahtlos in ein neues Bild – wieder ebenso harmonisch und als hätte es nie anders sein können. Eine andere Perspektive, ein anderes Lebensalter, eine andere psychische Verfassung – und schon ist der Blick auf die Dinge ein anderer. Da wird ein zentraler Mosaikstein vielleicht an den Rand gedrängt oder plötzlich in den Mittelpunkt gerückt. Ein Zurück zum alten Bild gibt es nicht. Denn das Leben geht unaufhörlich weiter. Es ergeben sich ständig neue Bilder aus den immer gleichen Bestandteilen. Verloren geht nichts, kein einziger Stein. Aber es kommen im Laufe des Lebens immer wieder zusätzliche hinzu.
Auch ein Schwangerschaftsabbruch, ein totes Kind, ist ein solcher Mosaikstein, der immer ein Teil des Gesamterscheinungsbildes seiner Eltern sein wird. Deborah unterstützt dabei, den Mut aufzubringen, das Kaleidoskop zu bewegen, damit aus dem Verharren, dem Stillstand, wieder fließendes Leben werden kann. Damit sich dieses Mosaiksteinchen – gesehen und angenommen – in die Lebensgeschichte integrieren kann. Das Leben darf weitergehen – und nicht nur die Erinnerung bleibt, sondern auch die Gewissheit, dass das Kind für immer dazu gehört.
Foto von Malcolm Lightbody auf Unsplash
