Darf ich erleichtert und gleichzeitig traurig sein?
Das Wort Schwangerschaftsabbruch weckt bei jedem andere Assoziationen, Abtreibung wahrscheinlich wieder andere. Selbst betroffen, Angehöriger, befreundet, Krankenhauspersonal, Abtreibungsgegner oder noch nie Gedanken darüber gemacht – der eigene Hintergrund und die persönliche Lebensgeschichte sind da sicherlich maßgeblich. Diese Wortwolke entstand aus den Assoziationen, die Hebammen nannten. Am häufigsten genannt wurde die Verzweiflung. Spannend, dass sich auch illegal oder Blut/Tod wiederfindet. Aber auch spirituelle Ansätze wie „Eine Seele, die keine Chance zum Leben hatte“.
Wie würde deine Wortwolke aussehen? Es ist sicherlich nicht mit einem Wort getan. Wahrscheinlich gibt es viele Facetten, die sich gleichzeitig auftun. Nicht nur Erleichterung, sondern auch Reue. Nicht nur Lösung, sondern auch Trauer. Das eine hebt das andere nicht auf. Das eine lässt das andere nicht verschwinden. Hier sind viele Assoziationen gleichzeitig möglich, genauso wie mehrere Gefühle gleichzeitig. Und das gilt es zuzulassen: Ich darf erleichtert sein UND Reue empfinden. Ich kann eine bewusste Entscheidung getroffen haben UND nun traurig sein. Vielleicht sind diese gegensätzlichen Emotionen gleichzeitig spürbar oder sie wechseln sich täglich ab. Vielleicht war es letzte Woche so, diese Woche so. Vielleicht war es sogar jahrelang anders, als es jetzt ist. Betrachte deine Gefühls-Cloud wie eine Wolke am blauen Himmel. Du wirst sehen, wie sie sich verändert, ständig neue Formen annimmt. Da sein lassen – egal was da ist. Gehen lassen, was gehen will. Fühlen, was gefühlt werden will.